Gerade jetzt startet Google eine Kampagne, welche sich gegen das sogenannte Leistungsschutzrecht wehrt. Es wird vom Ende des Internets, wie wir es kennen, berichtet. Auch sonst ist die gesamte Diskussion sehr emotionsgeladen. Verlage beklagen lautstark, wie sehr Google verdient, wenn sie neue Inhalte produzieren und zur Verfügung stellen.
Ich glaube, beide Seiten machen sich da etwas vor. Natürlich haben die Verlage seit langer Zeit unter nachlassenden Umsätzen zu leiden. Internetbörsen bieten nun einmal mehr und oft bessere Auswahl bei Stellenanzeigen oder Gebrauchtwagen. Auch bei Anzeigen gibt es deutliche Schwenks Richtung online. All diese ehemaligen, sicheren Einnahmequellen, sind auf immer verloren. Worum es geht, ist aber die reine Inhaltshoheit bei Onlineauftritten. Natürlich kostet die Produktion von Inhalten Geld. Redakteure müssen beschäftigt sein, eine Verwaltung will bezahlt werden.
Wo liegt jetzt der Haken? Google macht diverse Inhalte zugänglich, indem es sie indiziert. Dabei sind auch Inhalte von Verlagen. Diese möchten jetzt sozusagen prophylaktisch Geld dafür haben, dass sie gefunden werden und Leser erhalten. Auf nichts anderes läuft der Konflikt eigentlich hinaus. Trennen wir einmal scharf zwischen den Funktionen der beiden Mitspieler. Google durchwühlt das Web, die Verlage machen Inhalte. An sich sehe ich dort keine Konfliktfläche. Eher noch schieben Suchmaschinen und soziale Netze Leser auf Inhalte – wenn diese gut und attraktiv sind. Und hier beginnt die Krux. Verlage finanzieren sich auch online über Werbung. Je besser die Inhalte sind, desto mehr Leser und analog Werbeeinnahmen gibt es.
Die Verlage stehen aber im Internet im Wettbewerb mit zig Bloggern, Inserateportalen, freien Informationsdiensten wie Wikipedia und auch reinen Internetmagazinen. Also sind Wettbewerber doch eigentlich eher die „modernen“ Inhaltsproduzenten. Man darf ganz klar sagen, dass eine beachtliche Anzahl der „neuen“ Inhaltsproduzenten auf einem sehr hohen Niveau arbeitet. Teilweise deutlich besser, als es die immer billigeren Redaktionen schaffen. Der Wettbewerb liegt also weniger bei Google begründet, als bei den vielen Tausend Bloggern, Portalanbietern für Jobs, Autos und Immobilien sowie den Netzzeitungen. In diesem Wettbewerb kann man nur mit sehr, sehr guten Inhalten bestehen. Google ist da erst mal außen vor und nur das Hilfsmittel, mit dem sich Leser Zugang zu Informationen nach ihrem persönlichen Gusto verschaffen. Sprich, ich halte den Knackpunkt weniger bei Suchmaschinen, wenn es um Inhalte geht. Dass immer mehr Menschen das Web nutzen und etabilierten Verlagen, geschweige denn Printmagazinen, den Rücken kehren, ist die natürliche Entwicklung im Bereich Inhalte.
Man braucht eben keine schriftlichen 100 Tipps mehr zur Bedienung von Word – schwupps, Google oder Bing oder Yahoo oder Lycos oder Fireball angeworfen, schon steht in irgendeinem Forum die Lösung. Wer Hintergrundinfos zu Personen, Firmen oder Ländern sucht, tippt den Suchwunsch schnell bei Wikipedia ein. Reiseberichte gibts online satt, da entfällt oft der Reiseführer. Onlinedienste tickern 24h rund um die Welt das Neueste auf Internetseiten.
Wo Journalismus in klassischer Form durchaus dauerhaft Chancen hat: Gute Inhaltsverdichtung, bei der man sich das Wühlen durch zig Webseiten erspart. Wer einmal den „Economist“ in der Hand hatte, weiß, was ich meine. Auch tief recherchierte Themen bleiben attraktiv – siehe „Spiegel“ und auch „Focus“. Regionalbezug ist ein weiteres, starkes Feld, dort ist die „Rheinische Post“ sehr gut. Für alle, die genau das Gleiche wie zig andere Informationsanbieter bringen, gilt dagegen: beliebig austauschbar gegen sehr, sehr viele Internetseiten.
Ähnlich wie die deutschen Verleger haben übrigens auch mal die belgischen Verleger gedacht. Sie wollten Verweise auf Inhalte entweder bezahlt haben oder diese sperren lassen. Google hat den Verlagen genau diesen Gefallen getan und alle Seiten aus dem Index genommen. Und schwupps waren die Zugriffszahlen für die Verlagsseiten im Keller – noch weniger Werbeeinnahmen…… Kurz darauf waren die Verlage ganz brav und baten freundlich um Wiederaufnahme in den Index.