Ganz, ganz früher war ich als Journalist unterwegs. Ich schrieb für Fachzeitschriften über Computerthemen. Die Arbeit bedingte sehr viele Kenntnisse, man hatte viel Zeit für eine Recherche oder ausgiebige Tests und es wurde recht gut bezahlt. Umgerechnet bekam man als freier Journalist mindestens um die 200 EUR pro Seite. Das hat sich gewaltig geändert. Heutzutage bekommen die Schreiber für mehrseitige Artikel oft gerade einmal 200 EUR insgesamt. Oft noch weniger.
In den Medien wird zudem ein Glaubenskrieg und eine Zielgruppenansprache durchgeführt. Viele Journalisten haben ein Sendungsbewusstsein entwickelt, dass sie den Lesern überstülpen wollen.
Nehmen wir einmal die aktuelle Flüchtlingsdiskussion oder den Umgang mit der Ukraine-Krise. Die einen bedienen platt jede Stammtischparole gegen Flüchtlinge und möchten so Aufmerksamkeit in Netzen sowie den Verkauf ihrer Auflagen. Die anderen steigern sich in einen Multi-Kulti-Wahn und bedienen ihre entsprechende Leserschaft vom uneingeschränkten Asyl bis zum Verständnis für Diktatoren. Noch segmentierter wird das Ganze, wenn man sich einmal die verschiedenen Facetten des Sendungsbewussteins ansieht. Wie oft haben wir in der letzten Zeit aus dem Munde von Journalisten gehört: „Wir müssen!….dies und das“. Damit machen sie sich nicht nur ein Weltbild zu eigen, sondern erheben sich gleichzeitig als entweder moralische oder absolute Bewertungsgröße. Man könnte auch sagen: ziemlich hochnäsig, sie scheinen (wieder mal) alles besser zu wissen.
In diesen Tagen wurde der Hanns-Joachim-Friedrichs Preis verliehen. An Marietta Slomka vom ZDF und den englischen Blogger Eliot Higgins. Marietta Slomka hakt in Interviews gerne nach. Sie lässt keinen Politiker mit flachen Allgemeinplätzen durchkommen. Wenn es um Klärungsbedarf und die Aufhellung von Hintergründen geht, kommt von ihr oft ein „Warum“ oder „Wieso“. Dazu fragt sie klar nach den Plänen, wie das ein oder andere zu lösen ist. Das ist guter Journalismus.
Eliot Higgins hat mit seiner Internetplattform bellingcat.com ein unabhängiges Recherchesystem geschaffen, bei dem er öffentlich im Internet verfügbare Quellen auswertet und analysisert. Zusammen mit vielen Freiwilligen werden Fakten recherchiert und aus der Unzahl an Informationen im Web zusammen hängende Puzzlestücke gefunden. Dabei hat er schon so manches aufgedeckt, wie den durch bellingcat belegten Abschuss der malayischen MH17 durch Russland oder auch Russlands direktes Eingreifen im Ukrainekrieg.
Merken Sie was, wenn Sie den Mainstream-Tendenzjournalismus mit dem Vorgehen von Slomka und Higgins vergleichen? Ersterer will missionieren und verkaufen. Die beiden letzteren wollen recherchieren und informieren. Was ist wohl attraktiver für einen Leser oder Zuschauer? Wo wird manipuliert, wo informiert? Natürlich kann man sich mit dem Kauf der passenden Publikation seine sowieso schon vorgefasste Meinung noch einmal nett bestätigen lassen und sich unterhaltsam über den Lauf der Welt echauffieren. Man kann sich aber auch informieren lassen und die eigene Meinung bilden……….überlegen. Das machen noch viele aber immer weniger Zeitschriften.
Was ich sehr interessant finde, ist die Nutzung von sowohl Fernsehen wie Internet als Veröffentlichungsmedium für hochwertige Informationsgewinnung. Slomka und Higgins bedienen eben nicht den nächsten Werbekanal oder die gerade machthabende Partei oder die Zielgruppen für ihre jeweilige Missionsbemühungen. Sie machen einfach nur ihre Arbeit. Und werden dafür wertgeschätzt. Vielleicht eine Anregung für viele Verlage……..
Man darf aber auch hervorheben, dass viele Publikationen den Bürgerjournalismus durch Higgins kritisieren. Sinngemäß sei dies kein „richtiger“ Journalismus. Tja, da stellt sich aber gleich eine Reihe von Fragen. Warum beispielsweise verwendeten die „normalen“ Journalisten nicht eine ähnliche Technik und Methodik wie Higgins? Was soll besser sein an Autoren, die hauptberuflich schreiben und sehr oft ins Missionarische abgleiten? Was ist mit kombinierten Werbeschaltungen und dazu passenden, redaktionellen Beiträgen oder Beilagen? Für mich wäre es eher ein Anreiz, selbst besser und aktueller zu werden als eben mal die vermeintliche Konkurrenz zu diskreditieren. Zumal der Versuch der Diskreditierung gerade bei Tendenzjournalisten durchaus etwas hat, was man landläufig als „Geschmäckle“ bezeichnen könnte….. Und ehrlich, mir sind hobbymäßig schreibende Fachleute lieber als hobbywissende Journalisten….
Und noch eine persönliche Meinung hinterher. So etwas wie der Guardian, New York Times, Washington Post oder auch die Spürnasen bspw. der Süddeutschen haben immer ihre Berechtigung. Stern? Spiegel? Oder solche „Publikationen“ wie Junge Freiheit oder taz… brauche ich nicht wirklich.