Mein Hobby ist Angeln, weil man dabei in der Natur so richtig entspannen kann und sich zur Ruhe zwingen muss – ideal als Ausgleich für einen stressigen Job. Zurzeit wirbelt das Internet den Markt dermaßen durcheinander, dass sich exemplarisch auch andere Branchen sehr gut in ihrem Marktverhalten als analoge Modelle erklären lassen. Im Angelbereich gibt es, wie bei zig anderen Märkten, verschiedene Preisklassen. Das Internet hat dafür gesorgt, dass die Preise im unteren Marktsegment komplett „versaut“ sind. Wer einigermaßen auf Zack ist, bekommt eine durchaus brauchbare Angel für Anfängerzwecke schon ab 10 oder 20 Euro. In der Mittelklasse so um 100 Euro herum tobt eine Preis- und Rabattschlacht, welche etablierten Geschäften kaum eine Chance lässt.
Verschiedene Hersteller bieten enorme Rabatte bei der Abnahme größerer Mengen. Nur so ist zu erklären, dass webbasierte Versender viele Geräte deutlich unter dem Listen-Einkaufspreis des stationären Fachhandels anbieten können. Klar, zunächst einmal winkt der große Absatz. Auf lange Sicht aber ist mit permanent niedrigem Preisniveau zu rechnen, weil man einfach die Verkaufspreise nicht mehr hochziehen kann. Auch vermeintlich hochwertige Hersteller gelangen so in eine Rabattschiene, welche dauerhaft wohl den stationären Einzelhandel verprellen wird. Damit fällt ein großer Teil der Marktapzeptanz langfristig weg. Die stationären Händler wären dumm, sich Gerät ans Lager zu legen, das sie nur mit größeren Schwierigkeiten an den Mann bringen können. Und der reine Internetvertrieb ermöglicht nicht das Anfassen, Ausprobieren und dann entsprechend kaufen. Zwar sorgen webbasierte Foren für einen sehr guten Informationsaustausch der Angler untereinander, jedoch wage ich zu bezweifeln, dass dies alleine dauerhaft für flächendeckende Verkäufe reicht.
Eine logische Schlussfolgerung des stationären Handels wäre ein Umschwenken auf Marken, bei denen die Preise noch nicht so verdorben sind. Der nötige Werbeaufwand für die Hersteller wächst in diesem Moment massiv. Auch werden sich stationäre Händler weigern, großartig Beratung oder Service für diese Marken durchzuführen. Ich finde, man hat zwar kurzfristig mehr Umsatz und Marktdurchdringung, langfristig aber Probleme im Vertrieb und bei der Markenreputation. Schließlich ist keiner der Hersteller so stark, dass er den Markt in Teilbereichen dominieren und die Marktentwicklung vorgeben kann. Hier drohen strategisch Probleme.
Genau die selbe Entwicklung sehe ich für diverse andere Branchen. Und auch hier gehen einige Firmen wissentlich das Risiko ein, mit höchsten Rabatten Marktanteile zu erobern. Ich glaub, ein stetiges Wachstum mit gesunder Händlerschaft zu attraktiven Preisen ist sinnvoller, als sich auf die Prügelei mit Niedrigstmargen und Null-Service einzulassen. Besser wäre, für alle Händler die Einkaufspreise etwas zurück zu nehmen. Damit wird dann eine wirtschaftlich gesunde Markteroberung möglich, welche nicht langfristig als Rabatt- und Reputations-Boomerang zurückschlägt.