Web 3.0 – die untreuen Besucher

Nein, nicht das Blog 😉 hier ist diesmal mit Web 3.0 gemeint, sondern blicken wir etwas auf Social Media und das semantische Web.

Die Online-Zeit eines Internetnutzers ist begrenzt. Kein Mensch kann länger als 24 Stunden am Tag online sein. Entsprechend findet jetzt schon ein Verdrängungswettbewerb unter den Social Media Plattformen statt, der sich meiner Meinung nach noch deutlich verschärfen wird. Mit der wachsenden Popularität von beispielsweise Facebook sind viele Leute von Twitter in ein Medium gewechselt, das eine größere Funktionsvielfalt bietet. Auch bei Xing konnte man etwas weniger Aktivitäten der angestammten Nutzer beobachten, weil diese ebenfalls Richtung Facebook unterwegs waren. Facebook wiederum verliert gegenüber hoch spezialisierten Communities, wo alles ganz brav auf Textebene läuft und die Information als solches die Hauptsache ist.

Zudem trifft viele Plattformen ein Mechanismus, den ich so bereits seit den 90er Jahren aus Communities kenne und der sich immer zu wiederholen scheint. Wenn die Themen durch sind, sich Männlein und Weiblein gefunden haben, flacht die Kommunikation ab und man wechselt zur nächsten Plattform. Die verbleibenden Nutzer, oft die verzweifelt werbenden und die Trolle, sorgen zusätzlich für abnehmende Attraktivität.

Daher meine erste These:

Social Media Plattformen sind nur eine gewisse Zeit stabil und jederzeit können die Besucher umschwenken oder sich herausziehen. Die Karawane zieht plaudernd weiter.

Weiterhin kann man über Social Media nur relativ wenig Geschäftsvorfälle beobachten. Meist handelt es sich, wie schon in den Anfangszeiten des Internet, um mehr oder minder erbaulichen Plausch, bei dem ein direkter Verkauf schwer ist. Das Hauptaugenmerk liegt auf Unterhaltung und nur mit Sonderakationen und Rabatten war bislang der ein oder andere Achtungserfolg im schnellen Sale möglich. Immerhin muss man den zufälligen Besucher auf das gedankliche Gleis umleiten: „Kann ich gebrauchen, will ich!“. So etwas wiederum funktioniert auch mit jeder herkömmlichen Webseite sowie natürlich ebay, Amazon und sonstigen Vertriebsplattformen bis hin zum Gutscheinportal oder meinetwegen einem eigenen Shop. Wer etwas super-preiswert oder einzigartig anbietet, findet überall seine Kunden und die besten Angebote sausen in Windeseile durchs gesamte Web. Vorausgesetzt natürlich, man hat ein gewisses Know-How hierfür. Da würde ich sogar Social Media als einen von vielen Multiplikatoren einsetzen – jedoch die Verkäufe nach wie vor im eigenen Shop abwickeln. Für persönliche Kontakte und daraus später entstehende Geschäfte ist Social Media tauglich.

Zweite These:

Bei Verkäufen hat Social Media keinerlei Vorteile gegenüber gut lancierten Kampagnen in anderen Kanälen, eher noch Nachteile.

Für eine Reputation in Social Media ist ein sehr langer Atem nötig. Man muss mit sehr guter Kommunikationsleistung ein Image aufbauen. Und selbst das greift nicht für alle Produkttypen oder Dienstleistungen. Wenn man nicht einen absoluten Knaller qua Produkt und Lancierung aufbaut, geht man im Konzert der zig-Tausenden unter. Ein zusätzliches Problem ist der Unterschied zwischen der enormen Quantität und (aus Verkäufersicht) mangelhaften Qualität der Zugriffe. Die Menschen sind für die Unterhaltung unterwegs und die gedankliche Handbremswende bis zum tatsächlichen Kauf ist mit enormen Ausstiegsraten verbunden. Hierbei wird gerne auf die USA verwiesen, wo Facebook eine enorme Popularität hat. Allerdings rollen dort auch schon die Köpfe der Manager, welche viel Geld in Social Media gesteckt haben, was zu weder einem signifikant besseren Markenimage, geschweige denn mehr Umsatz führte. Diese Entwicklung steht hier noch bevor. Auch die Interaktion mit dem Kunden ist extrem aufwändig, da viele Mitarbeiter Anfragen zeitnah und kompetent bearbeiten und beantworten müssen.

Dritte These:

Social Media ist sehr teuer im Vergleich zu anderen Absatzkanälen. Die Wahrscheinlichkeit für einen Treffer ist trotz hoher Nutzerzahlen gering.

Kommen wir mal zu Web 3.0, dem semantischen Web. Bislang ist in sozialen Netzen nur dann eine sinnvolle Verknüpfung von Inhalten möglich, wenn Benutzer ihr Profil extrem umfangreich ausgefüllt haben. Hier ist es einfach, mittels primitivem Abgleich ähnliche Interessenslagen herauszufiltern und Benutzer zu weiteren Klicks und Teilnahme zu motivieren. Ich sehe zurzeit aber aus Sicht eines Online-Marketers oder Online-Vertrieblers keinen vernünftigen Ansatz, die im Web 3.0 zu erwartende Erkennungsfunktion von semantischen Inhalten sinnvoll abzubilden. Das geht viel einfacher auf einer anderen Basis. Jede Wette, Google bastelt schon daran. Zudem finde ich Suchfunktionen in bspw. Facebook schlichtweg mangelhaft und das Angebot für Produkte sehr dünn.

Entsprechend die vierte These:

Die Implementation von Shops steht und fällt mit einer möglichst guten Auffindbarkeit der Produkte und Preise. Das klassische Internet mit eigenem Shop ist auf absehbare Zeit für den Vertrieb viel leistungsfähiger als soziale Netze.

Edit: natürlich ist Social Media ein guter Zubringer auch für Shops. Sogar auf die Positionen in Suchmaschinen wirken sich die Aktivitäten (bei richtiger Handhabung!) aus. Direkte Verkäufe wie in Internetshops – zack, aussuchen, bezahlen – sind ebenso wenig erfolgreich, wie die Ansprache eines Publikums, das hauptsächlich selbst verkaufen möchte. Zielgruppe, Zielgruppe, Zielgruppe! Und ja, auch bei sozialen Netzen gibt es so etwas wie einen ROI. Ohne den gehts nicht. Man sollte schon sehr genau das Verhalten der verschiedenen Netze kennen und diese optimal adressieren. Bei einigen lohnt sich die Arbeit nicht und längst nicht alle (Zeit)Investitionen sind langzeitstabil, siehe die VZ-Netzwerke oder wer kennt wen. Es kann durchaus sein, dass auch ein Hauptsächlich-Sender-Publikum, wie oft in Xing, schlicht die falsche Zielgruppe ist……….

Autor: Georg Grohs Online Marketing

Online Marketing, Erfahrung seit 1998, einige einzigartige Erfolge. Aber immer mit einem Lächeln. georg-grohs.de