Web 3.0 – Gedanken über die Zukunft

Erinnern wir uns erst einmal, was dieses ominöse Web 2.0 sein sollte. Eigentlich das, was jeder da reininterpretiert hat und was irgendwelche mehr oder minder seriösen Agenturen dann ihren Kunden als Schlagwort andrehen wollten. Da es nie eine offizielle Versionsnummer gab, war das Verkaufsgelaber und die Diskussion hierüber entsprechend konfus.

Diesen Weg möchte ich vermeiden und daher in lockerer Folge schildern, was sich gerade im Web tut und wo es hingehen könnte. Dabei werde ich nicht ein Web 3.0 als offizielle Versionsnummer beschreiben. Das kann und wird es nicht geben, da die technischen Entwicklungen in verschiedenste Richtungen (welche das Web in seiner Gesamtheit ausmachen) laufen und man schlecht sagen kann: Ab dem 31. Dezember haben wir das Web 3.0 erreicht.

Ok, los gehts.

Stichwort Ubiquität – klingt schon mal wissenschaftlich gut, gelle 😉 ? Heißt aber nichts anderes als: Überall ist Internet. Nur, welche Informationen und Menschen aus der puren Masse sind interessant? Wieviel Informationen zu welchem Zeitpunkt sind interessant?

In der historischen Entwicklung des Web gab es immer einen Trend. Erst Neuentwicklung, dann Leistungsknappheit und hohe Preise, dann Massenmarkt durch Preissenkungen und Leistungserhöhung. Sie können dies vom analogen Modem über primitive DSL-Anschlüsse bis zum heutigen Hochleistungs-DSL verfolgen. Das Gleiche gilt fürs Mobilelefon. Bis zum jetzigen UMTS mit Flatrate führte ein weiter Weg über Markterschließung, hohe Preise, primitive SMS und WAP.

Das Web ist längst in der Fläche angekommen. Das Web steigert immer noch rasant seine Zugriffe und immer neue Kunden nutzen die Dienste. Dabei sind mittlerweile alle Inhalte auch mobil abrufbar. Und zwar faktisch von überall in der entwickelten Welt. Die neuen Generationen der Smartphones haben das Internet in hoher Leistung auch mobilverfügbar gemacht. Man kann also durchgängig von zuhaus oder an jedem Aufenthaltsort jeden beliebigen Dienst erreichen.

Entsprechende Änderungen im Nutzerverhalten ziehen sich durch alle Altersgruppen und Bildungs- und Einkommensschichten. Schüler sehen sich die neuesten Videos auf Youtube mit ihren Smartphones an. Proleten tauschen Prügelvideos via Handy aus. Ein Kosument imLaden zückt eben mal sein Handy und vergleicht die Preise vor Ort mit Internetangeboten. Das internettaugliche Handy arbeitet als Navigationshilfe im Auto. Zig Millionen quatschen über Facebook und Twitter oder sind in spezialisierten Communities unterwegs. Via geeigneter Apps findet man online den besten Angelplatz. Die Beispiele für Internetnutzung sind unzählbar.

Das Internet bildet gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen erst ab, verändert sie dann und spiegelt die Entwicklung in die gesamte Gesellschaft zurück. Schon vor Jahren gab es Studien über die Auftrennung in eine Informationsgesellschaft und eine reine Konsumentengesellschaft ohne Beherrschung des Web. Hier sind wir längst vorbei.  Im Internet sind ebenso Gruppen in total verschiedenen Zirkeln und Kreisen unterwegs, wie sie es im realen Leben auch sind. Allerdings sind Auf- und Abstiege extrem beschleunigt. Mit dem Hebel der Überall-Erreichbarkeit und des Überall-Mitmachen-Könnens steigen Chancen auf soziale Veränderungen – in beide Richtungen.

Es ist genau so wichtig geworden, im virtuellen Leben zur richtigen Zeit in der richtigen Internetstruktur unterwegs zu sein, wie man im realen Leben zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein muss. Dabei sind die Aktions- und Reaktionsgeschwindigkeiten sowie der Anspruch ans Kommunikationsverhalten extrem gestiegen. Als einfachstes Beispiel sei die Email genannt, wo ein oft Absender binnen einem Arbeitstag eine fundierte Reaktion erwartet. Oder nehmen Sie einmal Communties. Wenn in Diskussionsforen die Post abgeht, muss man dabei sein. Dort im Pulverdampf des Wortgefechts nichts zu sagen, ist fast genau so out, wie eine angesagte Party im realen Leben zu verpassen. Und, himmelhilf, wer ein paar Tage nach Markteinführung noch nicht das neue iPhone hat, ist schnell in der Werbebranche nicht mehr hip und angesagt.

Merken Sie was? Sozialstrukturen, Modetrends etc. sind längst im virtuellen Kommunikationsverhalten abgebildet. Es geht schon lange nicht mehr nur um „Information oder keine Information, das ist hier die Frage.“. Genau das, was Sie im täglichen Leben machen, beeinflusst Ihr Verhalten im Web. Und was im Web passiert, beeinflusst das Verhalten in der realen Welt. Diese Entwicklung wird sich noch verstärken.

Damit steigen die Anforderungen. Theoretisch müsste man 24 Stunden am Tag online sein, um bloß nichts zu verpassen. Theoretisch könnte man in Hunderten Foren unterwegs sein, welche irgendwie interessant sind. Theoretisch findet man auf ebay nur die besten Angebote, wenn man alles durchwühlt. Theoretisch kann man die besten Schnäppchen machen, wenn man nur lange genug durch Preisvergleiche stöbert. Theoretisch trifft man die interessantesten Menschen, wenn diese gerade auch surfen. Ubiquität – das Netz ist überall und bietet alles zu jeder Zeit an.

Für ein Web 3.0 ist die Einstufung der Informationen nach Relevanz wichtig. Man muss nicht jede Meinung hören – kann es auch gar nicht. Man muss nicht jedes Angebot wahrnehmen – kann es auch gar nicht. Man muss nicht immer erreichbar sein – kann es auch gar nicht. Daher ist die steigende Herausforderung, wichtige Informationen und dringende Informationen herauszufiltern. Bislang können automatische Systeme dies nicht. Die Selektion nach allgemeinen Interessen ist recht einfach. Die Selektion nach Interessen und Anspruch ist bislang noch nicht gegeben. Wer sich beispielsweise für Musik allgemein interessiert, hat die Spannbreite zwischen Beethoven und Bohlen…….. Es gilt, die richtigen Sachen am richtigen Ort zur passenden Zeit aufzubereiten.

Facebook und andere soziale Netze machen es bislang eher primitiv. Man gibt seine Interessen an und schwupps, Kreuzvergleich, werden andere Interessenten des gleichen Themas als „Freunde“ präsentiert. Außerdem gibt es diverse Dinge, die datenschutzrechtnlich für mein Ermessen unschön sind. In CRM-Systemen, wie beispielsweise bei Amazon, sucht eine Software danach, was andere Käufer eines Produktes sonst noch erworben haben. Ein möglicher Schritt für ein Web 3.0 wäre, die Interessensgebiete und den Anspruchslevel zu matchen. Man könnte anhand der Varianz eingetippter Worte – bitte aber anonymisiert – auf Bildung, Fachkenntnis, Erfahrungsstand einer Person schließen und viel effizientere Beziehungen und Informationen – geschäftlich und privat – erstellen. Das ist mit Sicherheit ein Job für Systeme mit künstlicher Intelligenz. Ich vermute fast mal, dass schon daran gearbeitet wird ;-).

Angst vor neuer Dotcom-Krise – oder Crash?

Die US-Börsenaufsicht SEC guckt gerade mit wachsender Sorge auf bspw. die Werte von Facebook, Twitter, LinkedIn und anderen Firmen. Zurzeit werden die Anteile noch nicht offen an der Börse notiert und gehandelt, sind aber aber in sogenannten Sekundärmärkten verfügbar. Dort passiert gerade eine geradezu abenteuerliche Wertsteigerung. Man munkelt, dass der Wert von Facebook schon über 40 Mrd Dollar liegen soll. Auch andere Werte sind explosionsartig nach oben geschossen, was den gesamten Markt für Internetfirmen außerhalb der Börse seit Juni um sagenhafte 43 Prozent wachsen ließ.

http://www.bloomberg.com/news/2010-12-29/private-trades-of-facebook-spur-questions-about-transparency.html

Uuuuuups.

Man kann davon ausgehen, dass eine Menge heiße Luft und noch mehr Spekulation im Spiel ist. Nach meiner Ansicht wird die wirtschaftliche Berechnung der Anteile arg von psychologischen Momenten sowie der Gier nach vermeintlich fetten Zukunftsmärkten bestimmt.

Nochmals zur Erinnerung: Soziale Netze finanzieren sich primär über Werbung und Mitgliedsbeiträge. Mitgliedsbeiträge gibts bei Facebook und Co. nicht. Bei der Werbung in Social Media erreiche ich längst nicht nur zahlungskräftige und -fähige Kunden. Hat man schon an StudiVZ und SchülerVZ gesehen, dass Masse alleine nicht gleichbedeutend mit viel Umsatz oder Gewinn ist.

Noch kennt niemand die tatsächlichen Gewinnspannen, wenn soziale Netzwerke die Marktsättigung erreichen. Auch weiß niemand, wie viel Marktanteil für Verkäufe – die immerhin letztendlich fast alle Webdienstleistungen finanzieren – irgendwann auf Social Media entfällt. Hier sind Google, die darin vertretenen Shops, Amazon, ebay und viele weitere Systeme heute absolut tonangebend.

Persönliche Meinung:

Ganz schön mutig, hier Milliarden zu investieren, wenn man auf absehbare Zeit kein Kurs-Gewinnverhältnis oder innere Werte der Firmen berechnen kann. Dazu kommen heftige Marktverschiebungen. Wie das Web 3.0 in seiner Wertschöpfungskette aussehen wird, können wohl besser die Brancheninsider und Fachleute abschätzen, als gierige Scharen ahnungsloser Investoren und zockender Investberater.

Die Werber

Bis gestern war ich in München. Vor dem Rückflug bin ich ein wenig durchs Terminal geschlendert und habe eine Zeitschrift rund um Werbung ausliegen sehen. Darin war unter anderem der verklausulierte Protestschrei zu Papier gebracht, dass sich Werbeagenturen nicht an Erfolgen messen lassen wollen.

Warum eigentlich nicht? Es gibt im Online Marketing durchaus Modelle, nach denen rein erfolgsabhängig bezahlt wird. Beispielsweise Affiliate-Netze sind ein rein auf gegenseitigem Erfolg ausgerichtetes System, bei dem die guten Publisher ebenso verdienen, wie die Verkäufer der Waren.

Aber ich glaube, die klassischen Werbeagenturen ticken eh etwas anders. Was mir bis heute niemand schlüssig erklären konnte, sind die Preise der Werbeleistung nach Medium. Oder Agenturrabatte. Bei ersterem wird die Grafik teurer, weil sie in höherer Auflage verbreitet wird. Nicht bei den Druckkosten, sondern für die Grafik selbst. Wobei eigentlich immer die gleiche Arbeit dahinter steckt. Aber einmal ist die Arbeit Betrag X wert, ein andermal viel mehr. Mhhhhh. Oder Agenturrabatte bei Werbebuchungen. Da bekommt dann eine Agentur einen Preisvorteil, (den sie sich häufig einsackt) bei Direktbuchung durch den Kunden wirds teurer.

Ziemlich durchschaubar, finde ich. Die Agenturen sollen möglichst viel buchen, damit sie möglichst viel vom Umsatz abbekommen. D.h. Publisher und Agentur reiben sich die Hände, der Kunde zahlt für……. NICHTS an Mehrwert. Wer also noch Printwerbung bucht, sollte mal mit seiner Werbeagentur reden und sich hübsch den Agenturrrabatt auszahlen oder verrechnen lassen.

Ansonsten fand ich die entsprechende Zeitschrift sehr flach qua Inhalt. Fotos von irgendwelchen „Kreativen“, welche den Job gewechselt hatten, waren präsent (natürlich teilweise mit dem obligatorischen Schal modisch aufbereitet ;-)) und Statements zur wirtschaftlichen Entwicklung – die Krise ist vorbei.

Ich wage mal, persönlich zu meinen, die Krise ist nicht vorbei. Nicht für klassische Werbeagenturen. Kunden werden schlauer und wollen Erfolge sehen sowie messen. Online gibts eh keine Krise – außer für die, welche nur die Karte Social Media spielen möchten und dabei Umsatz sowie Neukunden aus Google, ebay und Co. links liegen lassen.

Web 2.0, Web 3.0, Web 4.0 – wer bietet mehr?

Heißa, da tauchen bei Xing in immer mehr Foren die Propaganden von Social Media und Web Nummer x.0 auf. Überall wird geredet von Social Media und Co.. Meine persönliche Meinung: Da wird seit Web 2.0, 3.0 so viel alter Wein in neuen Schläuchen angepriesen, dass es zur Füllung von Supertankern reicht. Man könnte auch meinen, die Werbeagenturen sind einfach zu blöd für die tatsächlichen Umsatzbringer Adwords oder Suchmaschinenoptimierung und tun lieber das, was sie am besten können: Labern.

Mir ist kein Unternehmen bekannt, das richtig über Social Media verkauft – außer Social Media selbst und Werbung. Ok, es gibt in den Communities so ein paar Spin-Offs, ein paar Prozente bei Hotels oder Mietwagen. Nur nehme ich da lieber die günstigeren Angebote im Web selbst wahr.

Man darf gespannt sein, welche Sau als nächstes durchs Dorf getrieben wird – die aber gaaanz anders heißt und garantiert umlackiert ist ;-). Während dessen brummen gut platzierte Webshops und die großen Vertriebsplattformen…………

Google kooperiert mit der Bibliotheque Nationale

Lange währte der Widerstand, jetzt ist Google drin. Nachdem vom französischen Staat initiierte Projekte für eine eigene Suchmaschine nicht so rechten Anklang fanden, kooperieren die Bibliotheque Nationale de France (BNF) und Google bei der Digitalisierung und Veröffentlichung von Büchern und Dokumenten.

Vorausgegangen waren Bestrebungen noch von Chirac, einen französischen Gegenpol zum Suchmaschinenriesen zu setzen. Doch die Europeana kam nie so richtig in Fahrt, obwohl dem Vernehmen nach zig Millionen in das Projekt gesteckt wurden. Jetzt soll auch die Gallica – die digitalisierte Version der BNF – mehr oder minder komplett in Google eingebunden werden. Zudem scannt und digitalisiert Google jede Menge Content für lau. In Zeiten knapper Kassen kann man mit solchen Verlockungen richtig punkten. Angeboten werden Dokumente, die allgemein frei zugänglich sind oder bei denen die Urheberrechte abgelaufen sind.

In den französischen Medien wird extrem emotional berichtet. So gut wie alle wichtigen Zeitschriften berichten online und auf Papier über das Geschehen. Bei vielen Beiträgen ist das Pathos recht hoch gehängt und reicht bis zu Aussagen wie: „Die Nationalbibliothek kapituliert vor Google.“ Naja.

Tatsache ist, dass Google auch im Bereich Wissenschaft und Kultur mächtig Einfluss hat und diesen sukzessive verstärkt. Da wird man bei internationalen Recherchen kaum um Google herumkommen, zu bequem und umfangreich ist das Angebot.

Zurzeit werden Stimmen von Kritikern laut, die ein Meinungsmonopol befürchten und um die Authenzität sowie Einmaligkeit der Informationen bangen. Tatsächlich aber ist die erste Auswirkung viel banaler. Jeder wird weltweit an Dokumente herankommen, welche bislang durch Wissenschaftler und Journalisten evaluiert und in ihren Informationen verdichtet wurden – meinetwegen für Dokumentationen, Biographien oder Sachbücher. Das wird wohl in Zukunft auch vom heimischen Schreibtisch aus für jedermann funktionieren.

Mit anderen Worten: Wer ein Blog oder CMS bedienen kann, wird veröffentlichen – wenn ihn ein Thema interessiert. Damit ist eine Art Verallgemeinerung der Wissenschaft möglich, die in ihren Konsequenzen bislang nicht abgeschätzt werden kann. (Und das ausgerechnet im Land der Revolution ;-)).

Wenn man es auf die Spitze treibt, könnte man sagen: Nette Sache mit den Doktortiteln, aber das Resultat bsp. einer Dissertation können geschickte Nutzer „mal eben“ aus dem Web zusammenstellen. Man beachte hier die Doppeldeutigkeit der Aussage. So schnell wie nie sind für den Doktorentitel riesige Datenbestände durchforstet. Umgekehrt kann sich jeder das Resultat aus Recherche, Quellenanalyse, Verifizierung und verschiedensten Studien selbst zügig zusammenbasteln – vielleicht ist das schon ein neues Businessmodell?

Es bleibt spannend.